KULTURHÄUSER ALS SOZIALE INFRASTRUKTUR IM LÄNDLICHEN RAUM
Untersuchung einer Funktionsweise und Typologie der siebziger Jahre in der DDR
















Abstract Die Arbeit „Kulturhäuser als Soziale Orte im ländlichen Raum - Untersuchung einer Funktionsweise und Typologie der siebziger Jahre in der DDR“ dient der Beleuchtung einer Planungsideologie und dessen räumliche Konzeption. In ländlichen Räumen steigt die Relevanz sozialer Infrastrukturen im Sinne der Sicherung der Lebensqualität. Orte der Gemeinschaft und Kommunikation dienen der Öffentlichkeit und der Teilhabe an der Gesellschaft. Das historische Beispiel der Kulturhausplanung in den siebziger Jahren stellt einen architektonischen Ausdruck sozialer Orte dar. Mit dem Ziel einer flächendeckenden Gewährleistung kultureller Freizeiträume, wurden Kulturhäuser rationalisiert und zur Versorgungsarchitektur. Die Arbeit untersucht dabei hauptsächlich Werke der Deutschen Bauakademie, die als staatliche Institution Handreichungen und Hilfestellungen für die Kommunen veröffentlichten. Die Form von Leitbildern, Richtlinien, Schemata und Grundrissen wurde ein Idealtypus gezeichnet, dessen Funktionsweise in dieser Arbeit untersuchen wird.

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„In der öffentlichen Diskussion sollte die Bedeutung der Infrastruktur für die Lebensqualität in der Gemeinde herausgestellt werden, in ihrer Funktion für die kommunale Identität, den sozialen Zusammenhalt (z.B. als Kommunikationsort), die Gesamtentwicklung (Steuereinnahmen, kulturelles Leben, Attraktivität) und die Beschäftigungssicherung.“ 
Barlösius et al. 2008: 352
 












Es sind soziale Strukturen, die durch die Schaffung von sozialer Dichte und Interaktion „Urbanität“ fördern. In öffentlich zugänglichen Orten findet Kommunikation statt und Gesellschaft entsteht.

Soziale Infrastrukturen haben das Potential, Orte der Gemeinschaft zu schaffen und Attraktivität ländlicher Räume zu steigern.



„Infrastrukturen ländlicher Räume benötigen spezifische Lösungen, die sich unter anderem der erforderlichen Flexibilität, Kooperation, Selbsthilfe und Multifunktionalität bedienen“
Barlösius et al. 2008: 379.







Der Bündelung von Funktionen an einem öffentlichen Ort, kommt somit eine entscheidende Rolle zu, als Ermöglichung sozialer Dichte und vielfältigem Angebot im ländlichen Raum. Außerdem werden auf Grund des stetig globalen Wandels und der gesellschaftlichen Entwicklungen, flexible Strukturen benötigt um abseits von Zentralisierung und reiner Anpassung dauerhafte Infrastrukturen zu ermöglichen.

Im Sinne der Anpassungsmöglichkeit und der Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen sind flexible und multifunktionale Strukturen die Kooperation und Selbsthilfe zulassen besonders
beständig.
















 






Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der räumlichen Übersetzung der Leitbilder in eine Architektur, sowie nach der Art der Bereitstellung, die die sozialen Orte möglich machten? Mit dem Ziel der Darstellung einer architektonischen Ausformulierung sozialer Orte als multifunktionale und flexible Strukturen, soll das historische Beispiel der Kulturhäuser der siebziger Jahre in der DDR beleuchtet werden.

















„Die Kulturhäuser sind kulturelle Einrichtungen, die allen Bürgern zugänglich sind. Sie sind Stätten […] der Arbeiterklasse, der Begegnung und des Gedankenaustausches, der Geselligkeit und Unterhaltung, der kulturell-künstlerischen Betätigung der Bürger.“
Gesetzblatt der DDR 1977 Teil I, Nr. 32









Von der Funktion einer Bildungsstätte mit massenkulturellem Anspruch, entwicklete sich die Kulturhäuser zur sozialen Infrastruktur, und der Anerkennung von Soziokultur.






















Die baulich – räumlichen „Prinziplösungen“ stellen dabei eine Art Beispiel dar, aber sollen nicht als Typenentwürfe gesehen werden.



„Unter dem Begriff „Funktionsbaustein“ verstehen wir eine räumliche Einheit für einzelne oder mehrere überlagerte Nutzungsprozesse mit eindeutig bestimmten funktionellen und technischen Parametern.“
Rubinow 1975: 6 



















„Die Mannigfaltigkeit und Gleichzeitigkeit der Angebote erweitern den Erlebnisbereich, wirken anregend auf die gesellschaftliche Kommunikation und vergrößern damit den Reichtum an sozialen Beziehungen.“
Schölzel et al. 1975: 8





 





„Heute entstehende bauliche Strukturen für gesellschaftliche Einrichtungen müssen später - zu noch nicht bestimmbaren Zeitpunkten – für andere Einrichtungen bzw. Funktionen genutzt werden können.“
Prendel 1973: 164

Ziel ist einerseits eine flächendeckende Gewährleistung kultureller Einrichtungen, andererseits geht es auch um die bauliche Manifestierung der gesellschaftlichen Leitbilder in einheitlichem Ausdruck.
















Das  Beispiel der Kulturhäuser veranschaulicht ein Konzept, mit dem
Anspruch flächendeckender Versorgung der Bevölkerung mit Kultur und öffentlichen Räumen. Durch staatliche Subventionierung, rationalisierte Planungen und Zentralisierung sollten soziale Orte im ländlichen Regionen möglich gemacht werden. 


Diese staatlichen und rationalisierten Organisationsstrukturen der DDR betrachtend, gilt es neue Formen sozialer Infrastruktur zu entwickeln, um flächendeckend Öffentlichkeit und demokratische Räume gewährleisten zu können. Das Aufrechterhalten bzw. das Reimplementieren solcher Begegnungsräume ist essenziell für die Lebensqualität ländlicher Räume.
















Abbildungen 1 Fotografie, eigene Darstellung 2 Titelblatt, eigene Darstellung 3 Scan Inhalt, eigene Arbeit: Kulturhäuser als soziale Infrastruktur im ländlichen Raum  4 Grundriss Kulturhaus 1950, Kastl, J: Bauten der Gesellschaft, Richtlinien und Schemapläne für die Projektierung und den Bau von Schulen, Kindergärten, Kulturhäusern, Landambulatorien und Betriebspolikliniken; Deutsche Bauakademie; Forschungsinstitut für die Architektur der Bauten der Gesellschaft und Industrie; Berlin: VEB Verlag 1954, S. 167 5 Grundriss “Prinziplösung” Kulturhaus 1976, Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 19/21/ 23 6 Funktionale Veränderung, Schölzel. Dieter, Günter Haustein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt, Güther Götsch, Hans-Jürgen Hartmann, Lothar Leglise, Ruth Stein und Michael Zimmermann: Kulturhäuser und Klubs. Grundlagen für Neubau und Rekonstruktion. Heft 2. Berlin Institut für Kulturbauten 1975, S. 13 7 Scan Titelblatt “Ländliche Kultureinrichtungen”Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin: Institut für Kulturbauten 1976, Titelseite 8 Erläuterung Untersuchungsrundlage, Scan eigene Arbeit: Kulturhäuser als soziale Infrastruktur im ländlichen Raum S. 34/ 35 9 Kulturpolitische Aufgabenstellung und Netzwerkstruktur, Scan eigene Arbeit: Kulturhäuser als soziale Infrastruktur im ländlichen Raum, S. 36/37 10 Netzwerkstruktur, Prendel, Werner: Gesellschaftliche Bauten. Einrichtungen der Bildung, Kultur, Versorgung, Gesundheit und Erholung. Berlin:  VEB Verlag für Bauwesen 1973 11 “Prinziplösung” Dorfklub 1976, Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 13/ 15 12 Prinziplösung Kulturhaus 1976, Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 19 13 Funktionsbereiche der jeweiligen kulturellen Einrichtungen, Näther, eigene Darstellung aus Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 28 14 Erweiterung zum Kulturhaus mit Funktionsbereichen, eigene Darstellung aus Rubinow, Wladimir, Joachim Näther, Günther Haustein,  Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt, Hans-Jürgen Hartmann, Lothar Leglise Pablo Renau, Dieter Schölzel, Michael Zimmermann: Kulturelle Einrichtungen in gesellschaftlichen Zentren – Prinziplösungen für städtische Wohngebiete. Grundlagen für Neubau und Rekonstruktion von Kulturbauten Heft 3. Berlin Institut für Kulturbauten 1975, S.  40/41 15 Fotografie Heft, eigene Darstellung 16 Matrix Verflechtungen gesellschaftlicher Einrichtungen, Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 25 17 Flexible Konstruktion und Raumkonfiguration, eigene Darstellung aus Näther, Joachim, Peter Christgau, Ursula Lochow, Ruth Stein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt und Michael Zimmermann: Ländliche Klubeinrichtungen. Grundlagen für den Neubau und die Rekonstruktion von Kulturbauten. Heft 5. Berlin Institut für Kulturbauten 1976, S. 19 19 Scan Kapitel Struktur und Resilienz, eigene Arbeit: Kulturhäuser als soziale Infrastruktur im ländlichen Raum S. 80/ 81 19 Fotografie Heft, eigene Darstellung

Quellen (auf dieser Seite verwendet)
Barlösius, Eva, Stephan Beets und Claudia Neu: Lebensqualität und Infrastruktur in Zur Zukunft ländlicher Räume. In: Entwicklung und Innovationen in peripheren Regionen Nordostdeutschlands. Reinhard Hüttl, Oliver Bens, Tobias Pleininger (Hg.). Berlin: Akademie Verlag 2008, S. 328-353

Prendel, Werner: Gesellschaftliche Bauten. Einrichtungen der Bildung, Kultur, Versorgung, Gesundheit und Erholung. Berlin: VEB Verlag für Bauwesen 1973

Rubinow, Wladimir, Joachim Näther, Günther Haustein,  Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt, Hans-Jürgen Hartmann, Lothar Leglise Pablo Renau, Dieter Schölzel, Michael Zimmermann: Kulturelle Einrichtungen in gesellschaftlichen Zentren – Prinziplösungen für städtische Wohngebiete. Grundlagen für Neubau und Rekonstruktion von Kulturbauten Heft 3. Berlin: Institut für Kulturbauten 1975

Schölzel. Dieter, Günter Haustein, Wolfgang Ahnert, Herbert Eßmann, Siegfried Gebhardt, Güther Götsch, Hans-Jürgen Hartmann, Lothar Leglise, Ruth Stein und Michael Zimmermann: Kulturhäuser und Klubs. Grundlagen für Neubau und Rekonstruktion. Heft 2. Berlin: Institut für Kulturbauten 1975



























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